Palantir Gotham – Big Data für die Polizei
Palantir ist ein US-amerikanisches Softwareunternehmen, bekannt für seine mächtige KI-gestützte Datenanalyseplattform “Gotham”. Diese ermöglicht es von Geheimdiensten wie der CIA über Verteidigungsbehörden bis hin zu Polizeiinstanzen, unterschiedlichste Datenquellen zu bündeln, zu verknüpfen und automatisiert auf Muster oder Netzwerke zu untersuchen. In Deutschland kommt die Software unter Namen wie “HessenData”, “DAR” in NRW und “VeRA” in Bayern zum Einsatz. In Bayern hat der dortige Landtag die Nutzung von VeRA erlaubt. Die Polizei darf damit etwa Daten aus Fahndungs-, Verkehrs- oder Personalstatistiken zusammenführen und flexibel auswerten – ohne neue Daten zu erfassen, aber mit weitreichender Zugriffsmöglichkeit auf vorhandene Datenbestände.
Aus Datenschutzsicht gibt es erhebliche Bedenken: Die Software arbeitet als Blackbox – ihre Funktionsweise ist also von außen nicht nachvollziehbar. Auf welche Weise Daten verknüpft werden, warum Warnungen ausgegeben und wie Fahndungstreffer erzielt werden, lässt sich nicht im Detail prüfen. Das macht es schwierig einen KI Bias wie beispielsweise verfassungswidriges Racial Profiling, also das Einstufen von Menschen Anhand ihrer Ethnie (z.B. als als mehr oder weniger gefährlich), auszuschließen.
Datenschützer fürchten außerdem mögliche Zugriffe auf eingespeiste Daten durch US-amerikanische Geheimdienste. Eine Begutachtung durch das Fraunhofer-Institut kam zu dem Schluss, es bestünden keine Hinweise auf einen unautorisierten Datenabfluss, allerdings lässt sich ein Unterschied zwischen der geprüften Version und der jeweils aktuellen Variante nicht ausschließen. Updates der Software finden in der Regel ohne erneute Prüfung statt und Palantir Mitarbeitende sind regelmäßig zu Wartungszwecken bei den Behörden vor Ort.
Aktuell laufen Verfassungsbeschwerden der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) mit Unterstützung des CCC, weil VeRA auf Grundlage des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes weitreichende Datenverknüpfungen gestattet – auch ohne konkreten Verdacht und ohne ausreichende Kontrollmechanismen. Damit verletze sie Grundrechte wie die informationelle Selbstbestimmung und das Fernmeldegeheimnis, so die Beschwerdeführer. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit ähnliche Softwarelösungen in Hessen und Hamburg bereits als verfassungswidrig erklärt.
Palantir bietet deutschen Behörden zweifellos technische Möglichkeiten, die Ermittlungen beschleunigen und komplexe Zusammenhänge sichtbar machen. Doch mit dem Gewinn an Effizienz geht ein hohes Risiko für Datenschutz, Grundrechte und staatliche Unabhängigkeit einher. Gerade weil es um zentrale Fragen demokratischer Kontrolle und digitaler Souveränität geht, ist der Einsatz dieser Software keineswegs nur eine technische Entscheidung, sondern eine politische Grundsatzfrage.
Quellen: Süddeutsche Zeitung, CCC, Heise Online, Netzpolitik.org, Deutsche Welle
Bild von Rizve Joarder auf Pixabay