Medienkompetenz

Faszination Verschwörungstheorien

Die Mondlandung im Filmstudio aufgenommen, Die BRD eine GmbH und die Erde eine Scheibe – Verschwörungstheorien haben Hochkonjunktur. Aber warum eigentlich?

Die oben genannten Beispiele sind wahrscheinlich drei der bekanntesten Vertreter ihrer Art in Deutschland. Doch nicht jede Verschwörungstheorie ist auf den ersten Blick so abwegig wie diese drei. Es gibt Theorien, die auf den ersten Blick durchaus plausibel erscheinen, einige wenige stellen sich später sogar als mehr oder weniger wahr heraus. Doch die meisten Verschwörungstheorien bleiben Gedankenkonstrukte, die nur mit ihrem Kern an der Wahrheit kratzen. Ein essenzieller Bestandteil einer “erfolgreichen” Verschwörungstheorie ist schließlich immer ein Funke Wahrheit.

Was ist eine Verschwörungstheorie?

Eine Verschwörungstheorie ist ein (alternativer) Erklärungsansatz für meist komplexe Begebenheiten, der von der Mehrheitsmeinung und offiziellen Verlautbarungen abweicht und eine konspirative Handlung von Personen, Firmen, Institutionen oder Zusammenschlüssen (z.B. “Geheimbünden”) zur Grundlage hat.

Wie entstehen Verschwörungstheorien?

Die Theorien werden entweder von einzelnen Personen oder Gruppen erdacht und dann verbreitet oder sie entwickeln sich z.B. durch Austausch diverser Parteien von der Idee bis hin zu einer vollständigen Verschwörungstheorie. Durch weiteren Austausch oder in einigen Fällen auch durch Gegenrede verändern sich die Theorien im Laufe der Zeit oftmals noch, so werden von Anhängern der Theorie beispielsweise unstimmige Zusammenhänge entfernt und das Konstrukt als Ganzes durch weitere Fakten untermauert. Häufig werden die Fakten hierbei in den falschen Kontext gesetzt oder fehlinterpretiert, manchmal sind die genutzten Fakten auch aus zweifelhaften Quellen.

Warum entwickeln Menschen Verschwörungstheorien?

Die meisten Verschwörungstheorien werden nicht mit einer Täuschungsabsicht (wie beispielsweise bei Propaganda) erschaffen, sondern aus persönlicher Überzeugung. Die Gründe, aus denen Menschen nach alternativen Erklärungen suchen sind vielfältig: einige erklären sich mit Verschwörungstheorien Umstände, die ihnen nicht gefallen. Eine Verschwörungstheorie erlaubt es den Theoretikern jemand anderem die Schuld daran zu geben. Anderen geben Verschwörungstheorien ein Stück Kontrolle zurück – schließlich kennt man selbst im Gegensatz zu vielen anderen die vermeintliche Wahrheit und kann wohlmöglich sogar etwas dagegen unternehmen. Gerade in Krisenzeiten, in denen sich viele Menschen machtlos fühlen, ist das ein starkes Motiv.
Das Erschaffen einer eigenen Theorie kann auch ein Versuch sein, Individualität auszuleben. Der Theoretiker selbst glaubt schließlich nicht was “alle anderen” glauben und schafft sich so einen individuellen Standpunkt.
Je nach Prägung, kann auch das Weltbild hierbei eine Rolle spielen. Stimmen offizielle Schilderungen beispielsweise nicht mit eigenen Wertvorstellungen oder inneren Überzeugungen überein, neigen Menschen dazu, die Information nicht ohne weiteres zu akzeptieren. Aus dadurch hervorgerufenen Schutzbehauptungen entstehen in einigen Fällen auch Verschwörungstheorien.

Warum sind Verschwörungstheorien so populär?

Themen, die polarisieren haben beispielsweise in sozialen Medien eine wesentlich höhere Reichweite, weil mit ihnen häufiger interagiert wird (mehr dazu findest du im Artikel Algorithmen, die den Hass schüren). Auch außerhalb des Internets bleiben kontrovers diskutierte Theorien in der Regel länger im Gedächtnis als allgemein anerkannte. Dazu kommt, dass Anhänger von Verschwörungstheorien diese zum Teil schon fanatisch verbreiten wollen. Aus der Perspektive des Theoretikers ein durchaus verständlicher Gedanke: er glaub die große Verschwörung durchschaut zu haben und will andere Leute warnen oder einfach nur beweisen, dass er Recht hat.
Gerade bei Verschwörungstheorien aus homogenen Meinungslagern z.B. politischer, weltanschaulicher oder kultureller Natur spielt auch das Ziel seine eigene Position zu festigen bzw. den vermeintlichen Gegner zu schwächen eine große Rolle.

Sind Verschwörungstheorien gefährlich?

Ja, Verschwörungstheorien können durchaus gefährlich werden. Denn hierdurch manifestieren sich Feindbilder wie beispielsweise “die Lügenpresse”. Zum Teil sind Feindbilder auch konkrete Personen (z.B. Politiker oder Prominente). Es kann zu Gewaltausbrüchen kommen, die Anhänger der Theorie als wegen der Verschwörung legitimiert ansehen. So zum Beispiel die “Reichsbürger”-Bewegung, die den Staat als nicht legitimierte Besatzungsmacht ansieht und ihn deshalb bekämpfen will.
Außerdem können Verschwörungstheorien unter Umständen auch eine Spaltung der Gesellschaft bewirken. Man muss hierzu nur an hitzige Debatten mit Klimawandel-Leugnern zurückdenken. Grundsätzlich ist ein gesellschaftlicher Diskurs für eine Demokratie durchaus wünschenswert, allerdings sollte dieser auf Fakten basieren und eben nicht auf Verschwörungstheorien.

Sind Verschwörungstheorien verboten?

Grundsätzlich sind Verschwörungstheorien Meinungsäußerungen und werden damit von dem im Grundgesetz zugesicherten Recht auf freie Meinungsäußerung abgedeckt. Sind die Äußerungen allerdings geeignet, die öffentliche Ordnung zu gefährden oder rufen sie offen zur Gewalt auf, sind sie nicht mehr durch das Grundgesetz geschützt und in vielen Fällen beispielsweise als Volksverhetzung strafbar.

Wie sollte man mit Verschwörungstheorien umgehen?

Grundsätzlich sollte man mit unbewiesenen Äußerungen erst einmal vorsichtig umgehen und sich über die Hintergründe informieren. Auf keinen Fall sollte man solche Theorien ungeprüft weiterleiten oder teilen – hierdurch kann man sich je nach Beschaffenheit der Verschwörungstheorie im Rahmen der Verbreiterhaftung ggf. sogar strafbar machen.

Man sollte sich nicht davon beirren lassen, dass ein Teil der Behauptungen nachweisbar korrekt sind – denn wie bereits zuvor erwähnt ist das ein essenzieller Bestandteil vieler in Verschwörungstheorien genutzter Modelle und Ausführungen.

In den meisten Fällen treffen Verschwörungstheorien nicht zu. Eine kritische Grundhaltung ist hier also vollkommen berechtigt.


Um die Glaubwürdigkeit von Meldungen einschätzen zu können, hilft zum Beispiel die BASIS Checkliste, du findest sie im Mediabasics Lexikon unter Glaubwürdigkeit.

Viele Seiten bieten inzwischen Faktenchecks an, dort werden neben Falschnachrichten oft auch Verschwörungstheorien behandelt.
Mimikama – Faktencheck-Seite mit Suchfunktion: https://www.mimikama.at/
“Faktenfinder” der Tagesschau: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/
Correctiv – unabhängiges Recherchezentrum, das u.a. Faktenchecks veröffentlicht: https://correctiv.org

Simon Crins

Simon Crins ist Medienexperte mit den Fachbereichen Medienproduktion und Medientechnik. Nach seiner Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton bei ProSiebenSat.1 in München absolvierte Crins sein Bachelorstudium im Fach Medien und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule. Währenddessen war er für die ProSiebenSat.1 Gruppe unter anderem als Produktionsplaner und Projektleiter tätig. Seit Ende 2018 arbeitet Simon Crins für Umlaut SE im Raum Braunschweig/Wolfsburg als Projektleiter im Bereich Infotainmententwicklung. Weitere Informationen über den Autor finden Sie unter www.simoncrins.de

4 Gedanken zu „Faszination Verschwörungstheorien

  • MissVerständnis

    Gut erklärt….. !
    Schön wäre es, wenn hier eine Liste mit SERIÖSEN Seiten zum Prüfen von Fakten zu finden wäre.
    Wie sieht es z.B. mit Correctiv.org, uebermedien.de oder Volksvertreter.de aus?

    Antwort
    • MissVerständnis

      * Volksverpetzer.de – sorry.
      Die Autokorrektur…..

      Antwort
      • Hallo MissVerständnis, danke für deinen Kommentar und die Anregungen!
        Correctiv.org nehme ich gern noch in die Liste mit auf. Volksverpetzer.de deckt zwar durchaus Fakes und Verschwörungstheorien auf, vertritt aber auch eine eigene Agenda – ist daher nicht immer neutral. Uebermedien.de befasst sich soweit ich weiß vor allem mit Medienkritik und nicht direkt mit Verschwörungstheorien.

        Antwort
        • MissVerständnis

          ….vielen Dank für die Rückmeldung 🙂
          Ich denke, auch ein Querabgleich von evtl. nicht unbedingt neutralen Seiten kann ja auch jedem Benutzer helfen.

          Eine mögliche Alternative wäre ja Seiten aufzulisten, die eher das Gegenteil verfolgen.
          [Wenn ich da an meinen Kollegen denke, der “glühender Fan” von kenfm.de …. 🙂 ]

          Antwort

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